Meine Erfahrungen in den Textilfabriken in Bangladesch, China oder Indien haben mich eines gelehrt: die Umsetzung von Sozial- und Umweltstandards ist komplex. Mit einfachen Audits oder einem Leuchtturmprojekt hier und da werden die Dinge sich nicht grundsätzlich ändern. Standards und Audits suggerieren Sicherheit – sie sollen dem Kunden zeigen, dass alles unter Kontrolle ist. Umsetzen müssen es dann nur (irgendwie) die anderen.
In einer Fabrik in Asien sieht dieses Umsetzen dann aber gar nicht mehr so einfach aus: Was tun als Fabrikmanager, wenn Anforderungen im Nachhaltigkeitsbereich steigen, aber nicht mehr vom Auftraggeber gezahlt wird? Wenn Mitarbeiter kein Interesse an Veränderungen haben und Anweisungen nicht befolgen? Wenn die Lebenshaltungskosten sprunghaft im Land ansteigen, sobald der Mindestlohn erhöht wird? Diese Liste an Fragen könnte ich noch lange weiterführen.
Um nicht vorschnell Lösungen und Antworten zu produzieren, die dann doch wieder an den Bedürfnissen der Beteiligten vorbeigehen, brauchen wir eine grundsätzlich neue Sicht auf die Akteure der Lieferkette und ihre Zusammenarbeit.
Für mich sind hierfür drei Prinzipien zentral:
1. Transparenz
Woher kommt die Baumwolle, wo wurde diese entkernt, wo gesponnen und weiterverarbeitet? Wer produziert die Knöpfe, wer den Reißverschluss? Oftmals sind nur noch die Lieferanten bekannt, die das fertige Kleidungsstück an das abnehmende Unternehmen verkaufen. Um ökologische und soziale Produkte herzustellen, braucht es in einem ersten Schritt volle Transparenz über alle beteiligten Produzenten der gesamten Lieferkette.
2. Partizipation
Veränderung benötigt die Partizipation aller Beteiligten – vom Arbeiter und Manager in der Produktion bis hin zum Einkäufer und Kunden. Ansonsten fehlt es häufig an der nötigen Motivation, das Neue umzusetzen. Partizipation ermöglicht wertvolle Perspektivwechsel, erweitert den Horizont und schafft ein neues Selbstwertgefühl. Eine starke Verbundenheit mit den Themen und tieferes Wissen um Zusammenhänge stellt die Voraussetzung für erfolgreiche Lösungen dar.
3. Kooperation im verbindlichen Netzwerk
Transformation in Richtung Nachhaltigkeit ist herausfordernd und alleine nicht zu schaffen. Dafür braucht es ein verbindliches Netzwerk innerhalb der Wertschöpfungskette, in dem Partner auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Mit klaren Strukturen und Regeln, aber auch mit viel Wertschätzung, Verständnis und Offenheit füreinander.
Besonders Partizipation und Kooperation sind keine Lösungen von der Stange. Jedes Unternehmen hat seine eigene Entwicklung, Kultur und Veränderungsgeschwindigkeit. Umso wichtiger ist es, der Zusammenarbeit einen übergeordneten Sinn zu geben, der als Richtungsweiser im Veränderungsprozess dient.
Der Hypercycle „Co-creating Sustainable Supply Chains“ gibt diesem Veränderungsprozess Raum und sorgt für eine starke Verbundenheit der Akteure, damit Nachhaltigkeit eine neue Verbindlichkeit bekommt.